Ratingagenturen Sinn oder Unsinn?

Letztes Wochenende verbreitete die Ratingagentur Standard and Poors mit der Herabstufung von neun Euroländern (Darunter Frankreich und Österreich) Angst und Schrecken. Nur wenige Tage später zieht die ebenfalls amerikanische Ratingagentur Fitch Ratings nach. Was können solche Ratingagenturen bewirken und wie sinnvoll sind diese Ratings?

 

Die Aufgabe der Ratingagenturen besteht darin, die Kreditwürdigkeit (auch Bonität genannt) von Unternehmen aller Branchen, sowie von Staaten zu analysieren und zu bewerten. Dabei sind die Ratingagenturen selbst private, gewinnorientierte Unternehmen. Die abgeschlossenen Analysen, welche vor allem für Investoren von Bedeutung sind,  werden in einem Rating zusammengefasst. Die Bewertung reicht von AAA (beste Bonität) bis zu D (zahlungsunfähig). Eine AAA-Bewertung bedeutet also höchste Bonität, sehr geringes Ausfallrisiko, für Investoren bedeuten solche Anlagen eine äusserst sichere Investition.

 

Doch genau dieses AAA-Rating wurde in der Vergangenheit viel zu oft und zu lasch vergeben. Die Ratingagenturen stellten vielen Staaten und Unternehmen zu Unrecht die beste Bewertung aus. Investoren wähnten sich in falscher Sicherheit, doch dann kamen die Folgen der Fehleinschätzungen  mit der Immobilienkrise (zu hohe Ratings für unsichere Hypotheken in den USA), Finanzkrise (Zahlungsunfähigkeit gewisser Banken, trotz hohem Rating), sowie der Schuldenkrise (zu hohe Ratings für zu wenig produktive Staaten) zum Vorschein.

 

Im Rückblick wird deutlich, dass die Ratingagenturen zu viele Top-Bewertungen vergeben haben. Die Analysen haben massgeblich zu den entstehenden Krisen, aber auch zum vorherigen Boom (hohe Gewinne, galaktische Löhne, etc.) beigetragen. Die Agenturen haben anhand ihrer Analysen eine Macht die Investorenentscheide verschiedenster Gruppen zu beeinflussen, ohne dass ihre Analysen dabei von einer weiteren externen und unabhängigen Stelle kontrolliert werden.

 

Das Versagen aus der Vergangenheit wird nun durch die Herabstufungen aus den vergangenen Tagen zu kompensieren versucht. Für die Euroländer kommt die Herabstufung zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Die griechischen Verhandlungen mit den Schuldnern standen kurz vor einem Durchbruch, politisch standen zum Zeitpunkt des Ratings wichtige Lösungsentscheide an. Durch ein schlechteres Rating erhalten die Schuldenstaaten nur noch Zugang zu teureren Darlehen mit höheren Zinsen, was wiederum die Gesamtausgaben des Staatshaushaltes erhöht und zu weiteren Schulden führen kann. Durch die Herabstufung hätte die europäische Schuldenkrise massiv verschärft werden können.

 

Glücklicherweise wurde die Herabstufung von politischer und börslicher Seite nicht wirklich ernst aufgenommen. Eine Verschlimmerung der Lage blieb bisher aus, sogar das Gegenteil traf ein. Doch wie steht’s um die USA? Das Land behält, trotz der wohl grössten und unvorstellbarsten Schuldsumme, das Top Rating AAA. Hier wird ein Interessenskonflikt deutlich. Während die amerikanischen Ratingagenturen europäische Länder herabstufen, erstarken die USA. Besteht für Investoren in Europa ein höheres Risiko, halten sie Ausschau nach einer sichereren Investition. Da die USA immer noch im Besitz des AAA-Rating sind, werden die Investoren im Land der unbegrenzten Möglichkeiten fündig.

 

Ein weiteres Problem wird deutlich. Die amerikanischen Agenturen haben bis heute keinen europäischen Konkurrenten. Zwar wird zurzeit eine europäische Ratingagentur durch die Unternehmensberater von Roland Berger aufgegleist, doch geht diese frühestens im Sommer an den Start. Der Herkunftsort USA führt zwangsläufig zu Konflikten, möchten doch die Amerikaner zuerst ihre eigenen Probleme lösen, bevor die Europäer die ihrigen. Zusätzlich können die Ratings der Agenturen nicht von externen, unabhängigen Stellen kontrolliert und korrigiert werden. Das beste Mittel, sich gegen entweder unrechte oder zum falschen Zeitpunkt eintreffende Ratings zu wehren ist das schlichte Nichtbeachten dieser Analysen. Ohne Zweifel ist das ein heikles Spiel, doch solange die Investoren an den Aktienmärkten dies goutieren und dieselbe Einsicht teilen, kann den amerikanischen Ratingagenturen und deren teilweise unfairen Bewertungen Paroli geboten werden. Hoffen wir, dass dieses Verhalten auch in Zukunft aufgehen wird, denn so wie die Ratingagenturen in der Vergangenheit agierten, haben sie allen Beteiligten eher geschadet als genutzt. 

 

Write a comment

Comments: 0