Die Erwartungen an die Oranje waren im Vorfeld der Fussballeuropameisterschaft 2012 immens. Von Fans bis Experten wurde die Nationalelf zu den Topfavoriten gezählt. Nach der überzeugenden Leistung und dem knapp verpassten WM Titel vor zwei Jahren in Südafrika, wurde den Holländern der Gewinn der EM zugetraut. Wie wir heute wissen kam alles anders.
Der Tisch war gedeckt, der Grill lief auf Hochtouren, die Getränke waren kalt gestellt. Kurz vor 18:00 Uhr war an diesem Samstag alles bereit für den perfekten Fussballabend. Die Einschätzungen: Ein 3:0 oder 3:1 Sieg für die Niederlande. Der erste Gegner der Oranje war Dänemark, ein Team das gerne unterschätzt wird. Bereits zu Beginn des Spiels vergaben die Niederländer zahlreiche Chancen aus bester Position. Der Zuschauer konnte den Eindruck erhalten, dass Einbahnfussball in Richtung Dänisches Tor gespielt wurde. Doch plötzlich folgte der Schock, Dänemark ging 1:0 in Führung, komplett entgegen dem Spielverlauf, aber aufgrund einer unglaublichen Effizienz. Die Holländer wirkten zunächst wie gelähmt, zeigten keine Reaktion, konnten ihren ineffizienten Sturmlauf anschliessend jedoch fortsetzen. Am Ergebnis änderte sich nichts mehr, das erste und als einfach zu gewinnen geglaubte Spiel ging verloren. Was lief falsch beim Vize-Weltmeister?
Wie in den beiden darauffolgenden Spielen gegen Deutschland und Portugal deutlich wurde, bestand die Niederländische Nationalmannschaft zwar aus hochkarätigen Stars, bildete jedoch keine Einheit. Trainer van Marwijk schaffte es nicht, dass die Spieler die eigenen Egos dem Teamgedanken unterordneten. Von daher zeugt auch die angesprochene ineffiziente Chancenauswertung. Jeder Spieler wollte das Tor selbst erzielen und den Ruhm dafür abbekommen. Anstatt den entscheidenden Pass zu spielen wurde eher aus der eigenen, schlechteren Position geschossen. Dass der Teamzusammenhalt alles andere als harmonisch war, wurde spätestens bei Arjen Robbens Auswechslung deutlich. Anstatt zum einzuwechselnden Spieler zu rennen und diesen abzuklatschen, wie eine Ein-/Auswechslung üblicherweise abläuft, sprang Robben einfach über die Werbebanner auf der gegenüberliegenden Spielseite und lief äusserst frustriert und genervt davon.
Das Nationalteam hat zu meiner persönlichen Enttäuschung die erwartete Leistung nicht abrufen können und auf der ganzen Linie enttäuscht. Das Überstehen der Gruppenphase wäre mit einer solch katastrophalen Leistung ohnehin nicht gerechtfertigt gewesen. Nun müssen jedoch die Konsequenzen gezogen werden, um mit frischem Wind und in alter Stärke an der kommenden WM im Jahre 2014 starten zu können. Die alte Garde rund um Mark van Bommel hat ausgedient, das Team braucht frische, junge und hungrige Spieler. Zusätzlich muss die Auswahl der Nationalspieler künftig nicht nur aufgrund ihrer fussballerischen Fähigkeiten, sonder auch unter Einbezug der Teamfähigkeiten erfolgen. Für Trainer Bert van Marwijk ist die Zeit abgelaufen, er konnte das Starensemble zu keiner Einheit formen und sollte nun einem neuen Trainer Platz machen. Diese Umstrukturierungen könnten die Oranje zu alter Stärke auflaufen lassen, damit sie bei der WM 2014 auch wieder zu den Topfavoriten gehören und das nächste Mal auch den hohen Erwartungen gerecht werden können.
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